„Wir treten zurück“ ist eine Initiative, um der Korruption und dem Lobbyismus in Deutschland ein Ende zu setzen, beziehungsweise diesen zu begrenzen.
Dabei ist das zentrale Anliegen:
- a) Korruption und Verflechtungen aufzudecken und publik zu machen
- b) den offensichtlichen Lobbyismus zu regeln und vor allem transparent zu machen
In der Geschichte der Bundesrepublik gib und gab es zahlreiche Fälle von Rücktritten aufgrund diverser „Affären“. Hier einige Beispiele:
1962
Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß (CSU) stolperte über die „Spiegel-Affäre“. Das Magazin hatte sehr kritische Beiträge über die Bundeswehr gebracht mit der Folge, dass dessen Redaktionsräume durchsucht worden waren. Der damalige Chefredakteur Rudolf Augstein war sogar in Untersuchungshaft gekommen. Die öffentlichen Proteste dagegen, befeuert vom Koalitionspartner FDP, wurden so massiv, dass Strauß sein Amt niederlegen musste. Aber bald wuchs Gras über die Sache und Strauß bekleidete noch die Ämter Bundesfinanzminister, bayerischer Ministerpräsident und er wurde sogar zum Kanzlerkandidaten gekürt.
1991
Dem langjährigen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg Lothar Späth (CDU) wurde seine Lust auf Urlaub zum Verhängnis. Zufällig kamen Unternehmer für die Kosten gleich mehrerer Urlaubsreisen auf, eine davon führte ihn in die schöne Ägäis, der Wiege der Alten Griechen. Diese „Traumschiff-Affäre“ brachte das Fass zum Überlaufen und „Cleverle“ musste zurücktreten.
1993
Jürgen Möllemann (FDP) war als Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler auf dem Höhepunkt seiner Karriere und warb für den Einkaufswagen-Chip eines angeheirateten Vetters. Das wäre ja nicht weiter schlimm gewesen, hätte er dazu nicht, vielleicht nur aus Bequemlichkeit, amtliches Briefpapier der Bundesrepublik Deutschland verwendet.
Nur kurze Zeit nach der Bundestagswahl 2002 wurden dann auch noch antisemitische Klischees auf seinem Wahlkampfflugblatt bedient, was Möllemann das Amt als FDP-Bundesvizevorsitzender kostete. Wenig später musste er noch seine übrigen Parteiämter abgeben. Nach 33 Jahren Mitgliedschaft in der FDP trat er aus der Partei aus. Im Sommer 2003 nahm sich Möllemann bei einem Fallschirmsprung das Leben. Wegen seiner falschen Spendenangaben musste die FDP noch sechs Jahre nach seinem Tod 4,3 Millionen Euro Strafe bezahlen.
1993
1993 war Björn Engholm Ministerpräsident von Schleswig-Holstein und SPD-Parteichef, doch dann legte er plötzlich und spektakulär alle seine politischen Ämter nieder. Hintergrund war die Spitzelaffäre um Uwe Barschel (CDU), die im Rahmen eines Untersuchungsausschusses aufgerollt werden sollte. Es war offenkundig geworden, dass Engholm über dessen Machenschaften schon viel früher Bescheid wusste, als er es im Untersuchungsausschuss eingeräumt hat. Seinen Rückzug erklärte Engholm damit, dass dadurch nun auf Dauer seine „politische Glaubwürdigkeit“ beschädigt ist.
1993
Im Mai des Jahres 1993 reichte Bundesverkehrsminister Günther Krause (CDU) seinen Rücktritt ein, weil herausgekommen war, dass er seinen privaten Umzug nach Berlin mit staatlichen Geldern finanziert hat. Schon etwas zuvor löste er mit seiner „Putzfrauen-Affäre“ Kopfschütteln aus, weil er es irgendwie hingekriegt hatte, dass das Arbeitsamt seine private Putzfrau bezahlte.
1993
Der bayerische Ministerpräsident Max Streibl (CSU) trat ebenfalls im Mai zurück, weil er mit der sogenannten „Amigo-Affäre“ aufgeflogen war. Auch er hatte sich durch seine engen Kontakte zur Wirtschaft private Fernreisen finanzieren lassen. Ich habe es ja immer gesagt, deutsche Politiker werden saumäßig bezahlt.
1999
Der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Glogowski (SPD) brachte Sponsoren dazu, einen Teil der Kosten für seine Hochzeit zu übernehmen, auch eine Brauerei war mit von der Partie. Im November musste er schließlich seinen Posten räumen.
2002
Kurt Biedenkopf (CDU) war sächsischer Ministerpräsident. Er musste deshalb sein Amt aufgeben, weil er im Zuge der sogenannten „Mietaffäre“ für seine Wohnung, die sich im Gästehaus der sächsischen Regierung befand, eine vom üblichen Niveau erstaunlich weit nach unten abweichende Miete „ausgehandelt“ hat. Und bei Ikea hatte er, wohl irgendwie zum Ausgleich, einen unverschämt hohen Rabatt bekommen.
2002
Im Juli entließ Bundeskanzler Gerhard Schröder den damaligen Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD), weil dieser sich vom PR-Berater Moritz Hunzinger mit feinem Zwirn einkleiden ließ.
2002
Ebenfalls im Juli trat der PDS-Frontmann Gregor Gysi von seinem Posten als Berliner Wirtschaftssenator zurück. Gestolpert war er über die „Bonusmeilen-Affäre“. Wie alle anderen Menschen erhalten auch Politiker Bonusmeilen für ihre Dienstflüge. Davon hatte er wohl aus Versehen ein paar bei privaten Flügen eingelöst, kann ja mal passieren, oder? Bei anderen Politikern hat das jedenfalls geklappt.
2002
Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) war rin Hoffnungsträger seiner Partei. Einmal mehr trat auch hier wieder der PR-Berater Hunzinger als Stolperstein in Erscheinung. Dieser gewährte Özdemir wohl einen unanständig günstigen Kredit. Dienstliche Bonusmeilen verkürzten überdies noch die Dauer seines Bundestagsmandats. Reumütig gab er ein zu hohes Maß an Naivität und ein zu geringes Maß an Vorsicht zu. Seine politische Karriere war damit aber nicht beendet.