Sogar innerhalb unseres staatlichen Robert-Koch-Instituts (RKI) zweifelten nicht wenige Verantwortliche an so manchen Corona-Maßnahmen. Die meisten Leser werden sich bestimmt noch an ihr Kopfschütteln über die abgesperrten Kinderspielplätze im Freien erinnern, jenem Sinnbild von blindem Aktionismus.
Tatsächlich stöhnte die deutsche Bevölkerung unter den schärfsten Corona-Regeln. Ein Blick in die sogenannten RKI-Files mag einer Aufarbeitung dienlich sein. Diese galten bislang als vertrauliche Regierungsdokumente, sollen aber nun gemäß Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und Gerichtsbeschluss vollumfänglich ohne Schwärzungen veröffentlicht werden, um Lehren aus den Pandemie-Fehlern ziehen zu können, gilt doch grundsätzlich: Nach der Pandemie ist vor der Pandemie.
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Was hat es nun mit den RKI-Files auf sich?
Deren geschwärzte Passagen endlich wieder lesbar zu machen, würde das Vertrauen der Bürger in unseren Staat und dessen Politik wenigstens ein Stück weit zurückbringen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ließ dazu verlauten, dass das RKI zunächst die Protokolle der frühen Pandemie-Phase aufarbeiten soll.
Dazu müssen mehrere hundert Seiten dahingehend überprüft werden, ob gegebenenfalls Interessen Dritter berührt werden, ob darin Mitarbeiter namentlich erwähnt werden und ob dadurch Amtsgeheimnisse preisgegeben werden. Für ein solches „Drittbeteiligungsverfahren“ gilt eine gesetzliche Frist von mindestens einem Monat.
Tatsächlich hat das IFG bestimmte Ausnahmetatbestände für eine Herausgabe von Dokumenten vorgesehen. Diese gilt es nun zu nutzen, um der Transparenz Vorschub zu leisten.
Sogar etliche Mitglieder der Ampelkoalition beteiligen sich am Druckaufbau gegen Gesundheitsminister Heiner Lauterbach (SPD). Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Andrew Ullmann wies darauf hin, dass sich seine Partei seit mehr als einem Jahr darum bemüht, dass in Sachen Corona-Aufarbeitung eine Enquetekommission eingesetzt wird, um auf diese Weise Handlungsempfehlungen für die Zukunft erarbeiten zu können.
Nach seiner Einschätzung hat die Pandemie zu Rissen in unserer Gesellschaft geführt. Deren Heilung sei dringend geboten.
Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Tino Sorge bemerkte über die RKI-Files, dass diese die Ratlosigkeit der Ampel im Kontext einer Pandemie-Aufarbeitung nur allzu deutlich offenbaren.
Das zögerliche Hin-und-Her der Ampel wurde mal wieder sehr deutlich, als Lauterbach die Schwärzungen in den RKI-Dokumenten erst einmal verteidigte, um kurz danach dann doch deren Offenlegung anzukündigen.
Die berechtigten Forderungen nach einer parlamentarischen Aufarbeitung diskreditierte Lauterbach jedenfalls als „Ideologiekampf“ im Umfeld rechter Gruppen, kein guter Stil, um die ohnehin angeschlagene Debattenkultur in unserem Land zu befördern.
Die Bewältigung der Pandemie fand in einem ständigen Austausch zwischen dem Bund und den 16 Ländern beziehungsweise den Landtagen statt. Jetzt sollten für die Rückschau dringend externe Sachverständige einbezogen werden, gerade auch jene, die während der Pandemie eher als Außenseiter gehandelt wurden, aber später offenbar Recht behalten sollten.
Der Gesundheitsexperte der AfD-Fraktion Martin Sichert will, dass wirklich alles auf den Tisch kommt. Sämtliche Protokolle über die misslungene deutsche Corona-Politik sind zu veröffentlichen und im Bundestag sowie in den 16 Landesparlamenten müssen Corona-Untersuchungsausschüsse eingesetzt werden.
Es ist nach Aussage von Sichert allerdings zu befürchten, dass zumindest die Fraktionen von SPD, FDP und Grüne an einer sauberen Aufarbeitung ihrer Politik nicht wirklich interessiert sind und deshalb wird die AfD-Fraktion gleich mehrere Verwaltungsklagen für die Herausgabe der Protokolle vorbereiten.
Kathrin Vogler ist die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken und verweist darauf, dass die Linken für die nächste Sitzung des Gesundheitsausschusses einen Bericht der Bundesregierung beantragt haben. Überdies hat ihr Kollege Sören Pellmann bereits eine Strafanzeige wegen Untreue, Vorteilsnahme und Bestechlichkeit gegen Heiner Lauterbach gestellt.
Diese gründet auf einem Bericht des Bundesrechnungshofs über eventuelle Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Vergabe einer Werbekampagne für die Corona-Impfungen.
Es geht dabei um die Kampagne „Ich Schütze mich“, die im Oktober 2022 die Runde machte und bis Ende 2023 zu Kosten in Höhe von fast 45 Millionen Euro führte. Das Bundesgesundheitsministerium hatte den Auftrag flugs an die Werbeagentur Brinkert-Lück vergeben, obwohl diesbezüglich ein Rahmenvertrag mit der Agentur Scholz&Friends bestanden hat, was einen klaren Verstoß gegen das Vergaberecht darstellt.
Ein Sprecher des BMG wies diese Vorwürfe allerdings mit Nachdruck zurück, weil die Unterbeauftragung der Agentur Brinkert-Lück mit der Rahmenvertragsagentur Scholz&Friends im Vorfeld abgesprochen war.
Im Übrigen waren für die Leistungen von Brinkert-Lück lediglich 865.000 Euro angesetzt worden. Alle restlichen Ausgaben beziehen sich auf Plakate, Spots und Anzeigen.
Die letzte Erläuterung bedarf gewiss einer genaueren Erklärung, die dann hoffentlich vor dem Verwaltungsgericht schlüssig vorgetragen wird. Seien wir also gespannt.
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Dieser Beitrag wurde am 14.05.2024 erstellt.