Allgemein

Schafft Australien das Bargeld ab?

Im Netz häufen sich die Berichte, dass Australien auf dem besten Weg sei, sein Bargeld abzuschaffen und durch eine digitale Währung zu ersetzen. Dieser Trend würde einiges an Fragen aufwerfen. Denn digitale Währungen sind besser geeignet, die Transaktionen jedes Einzelnen nachzuvollziehen als dies mit Bargeld möglich wäre.

Und es bestände darüber hinaus die Möglichkeit, bei unliebsamen Zeitgenossen, wie immer die definiert werden, schnell den Geldhahn zu zudrehen, also das Konto zu sperren. Für eine auf totale Kontrolle versessene Politik, wie dies in China teilweise schon eingeführt zu sein scheint, wäre dies ein toller Wunschtraum.

Denn mit dieser Möglichkeit könnte man jeden, der sich als Oppositioneller verdächtig macht, ohne größeren Aufwand von seinen Finanzen trennen.

 Australien und seine ATMs

Als Vorbereitung auf die Einführung einer bargeldlosen Gesellschaft in Australien gilt die Abschaffung der Geldautomaten (ATM), über die im Moment häufiger berichtet wird.

So berichtet die „Daily Mail“[1] am 28. Februar 2022 von einer Entfernung von ATMs, die in die Tausende ging. Gleichzeitig gab es Schließungen von Zweigstellen, die ebenfalls einiges an Aufsehen erregten. Was genau war vorgefallen?

Laut einer Analyse schlossen in ganz Australien in den vergangenen Jahren die vier größten australischen Banken, CBA, Westpac, ANZ und NAB, 459 ihrer Zweigstellen. Und seit 2020 wurden 3800 ATMs entfernt.

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In der Provinz New South Wales waren es 140 Zweigstellen, die geschlossen wurden. Davon wurden 20 Zweigstellen in Sydney, andere in kleineren Städten und ländlichen Gebieten geschlossen. Hier haben jetzt rund 300 Vororte keine ATMs mehr, um Bargeld abheben zu können.

In Victoria sieht es ähnlich aus: Hier sind es 120 Zweigstellen, die dauerhaft entfernt worden waren.

Die CBA zum Beispiel hat jetzt 875 Zweigstellen im Gegensatz zu 1134 Zweigstellen im Februar 2020. Im Februar 2019 hatte die Bank noch 1192 Zweigstellen. Die Zahl der ATMs fiel ebenfalls von 4118 in 2019 auf 3597 nur ein Jahr später. Heute hat die Bank etwas mehr als 2000 ATMs.

Ähnlich wie die „Daily Mail“ berichtet auch das australische „News.com“[2] über die Schließungen.

In einem Interview mit Julia Angrisano, der nationalen Sekretärin der „Finance Sector Union“, einer australischen Handelsgewerkschaft für das Bank- und Finanzwesen, kommentierte diese die Situation folgendermaßen:

„Die Schließungen haben einen verheerenden Einfluss auf die lokalen Gemeinden. Arbeitsplätze sind verloren gegangen, Geschäfte sind betroffen und eine Reihe von örtlichen Dienstleistungen sind dadurch verschwunden.“

Die Schließungen der Zweigstellen und Entfernung der ATMs sind dabei besonders schlechte „Neuigkeiten“ für die ländlichen Gebiete und die Senioren in Australien. Laut Schätzungen bevorzugen rund 80 % der Australier ihr „Onlinebanking“. Damit bleiben immerhin noch 20 % übrig, die lieber persönlich in ihrer Bank vorsprechen und ihr Bargeld vom Schalter oder vom ATM beziehen würden.

Die überwältigende Mehrheit dieser 20 % sind Menschen mit entweder Behinderungen oder mangelnder Kenntnis in Bezug auf Internet, Onlinebanking etc.

Wozu dient dieser neue Kurs?

Natürlich gibt es ausreichend Verdachtsmomente, diese Schließungen als Vorbereitung für die Einführung einer digitalen Währung und gleichzeitiger Abschaffung des Bargelds zu werten. Aber laut „News.com“ scheint es erst einmal andere Überlegungen zu geben, warum die Banken diesen Weg gehen.

Aus finanzieller Sicht ist es im Interesse einer Bank, so viele Zweigstellen wie nur möglich zu schließen. Julia Angrisano hat dafür diese Erklärung:

„Die traditionellen Banken sehen sich einem immer stärkeren Wettbewerb durch neue Marktteilnehmer wie digitale Banken, bankfremde Kreditgeber und „buy now pay later“ [Dienstleistungen] ausgesetzt. Um rentabel zu bleiben, werden sie ihre größten Kosten, nämlich Löhne und Betriebskosten für zum Beispiel Gebäude, senken.“

Die Digitalisierung des Geldes ist also für die Banken erst einmal eine willkommene Möglichkeit, Betriebskosten zu senken. Denn mit der Schließung von Zweigstellen und ATMs fallen Lohnkosten für Angestellte, Wartungs- und Anschaffungskosten für ATMs, Zweigstelleninventar etc. weg.

So werden die Bankangestellten im Privatkundengeschäft angehalten, die Zahl der Kunden, die zu den Zweigstellen kommen, immer weiter zu reduzieren. Wie? Indem sie ihre Kunden dazu auffordern, Bargeld von ATMs (sofern es noch welche gibt) und nicht vom Schalter abzuheben, und/oder gleich auf Onlinebanking umzustellen.

Tendenz mit Umkehrtendenz

Am 30. Dezember 2021 erschien ein Beitrag bei „ABC.net“[3], der in seiner Überschrift davon sprach, dass Covid-19 Australiens Umstellung in eine bargeldlose Zukunft vorantriebe.

Interessant ist hier zu erfahren, dass die Nutzung der ATMs nicht erst seit dem „Pandemie“-Jahr 2020 abnahm. Dieser Trend begann bereits seit 2008 wie die Grafik im Beitrag verdeutlicht:

Dabei scheint Australien ein Land zu sein, wo bestimmte Formen digitaler Zahlung ebenfalls nicht erst seit 2020 bevorzugt wird. Denn die Zahlungen mit Debitkarten sind bereits im Jahr 2010 mehr als doppelt so häufig wie Barzahlungen und ebenfalls deutlich häufiger als Zahlungen per Kreditkarte:

Nach diesen geradezu eindeutigen Belegen, dass sich Australien schon seit geraumer Zeit auf eine digitale Finanz-Zukunft zubewegen könnte, kommt der Rückschlag. „ABC.net“ weiß nämlich zu berichten, dass es in Australien eine „Wiedergeburt des Bargeldes“ zu geben scheint.

Was ist geschehen?

Laut Internet ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis dass Australien vollkommen bargeldlos sein wird. Es gibt Vorhersagen von Finanzinstitutionen, die davon ausgehen, dass 2024 rund 98 % der Zahlungen bargeldlos erfolgen werden. Die Commonwealth Bank meint dagegen, dass dies erst im Jahr 2026 der Fall sein wird… etc.

Aber während der Covid-19-„Pandemie“ erlebte das Bargeld völlig überraschend und unerwartet eine Art Wiedergeburt. Vor der „Pandemie“ gab es in Australien rund 80 Milliarden australische Dollar in Banknoten. Nach nur einem Jahr wuchs diese Zahl auf 100 Milliarden australische Dollar an, ein 25 %iger Zuwachs in einer relativ kurzen Zeit.

Die Erklärung für dieses interessante Phänomen könnte wie folgt aussehen:

Obwohl die Zahlungen über das Onlinebanking deutlich zugenommen hatten, hoben die Australier Rekordsummen von $50 und $100 Banknoten von ihren Konten ab. Das abgehobene Bargeld dient allerdings nicht dazu, um ausgegeben zu werden, sondern die Australier „bunkern“ dieses Bargeld, obwohl es hier keine Zinsen einfährt.

Der Wunsch der Australier, Bargeld in den Händen zu haben, scheint etwas mit „finanzieller Vorsorge“ zu tun zu haben. Australische Wirtschaftsexperten scheinen dieses Phänomen zu kennen. Denn sie erklären, dass dieses Verhalten in Zeiten von wirtschaftlicher Ungewissheit und Stress nicht ungewöhnlich sei. Andere Länder würden sehr ähnliche Vorgänge in ähnlichen Situationen in Bezug auf Bargeldabhebungen erfahren.

Könnte es also sein, dass die Digitalisierung der Währung auch in Australien auf ein gewisses Maß an Misstrauen stößt? Selbstverständlich ist es außerordentlich bequem, bargeldlos zu zahlen. Aber die Kunde, dass digitales Geld per Knopfdruck im finanziellen Nirwana verschwinden könnte, könnte mit ein Grund sein, dass die Australier sich hier Reserven in Form von Bargeld zulegen.

Sogar das Kleingeld in Australien erfuhr eine Wiedergeburt. Vor 2020 ging die Nachfrage in den vergangenen fünf Jahren nach Kleingeld um mehr als 55 % zurück. Die australischen Finanzbehörden gingen davon aus, die 5- und 10-Cent Münzen in den nächsten zehn Jahren aus dem Verkehr zu ziehen.

Aber seit 2020 muss die Belegschaft in der staatlichen Münzprägeanstalt (Royal Australian Mint) Doppelschichten fahren, um die unerwartet hohe Nachfrage nach Münzen zu erfüllen:

„Aufgrund der unerwarteten Nachfrage nach zirkulierendem Kleingeld hat die staatliche Münzdruckerei die Produktion aller sechs Denominationen von im Umlauf befindlichen Münzen erhöht“, schreibt die nationale Institution in ihrem Jahresbericht 2020-21.“

Und daraus zieht der Chef der staatlichen Münzdruckerei, Leigh Gorden, einen überraschenden Schluss:

„Beispiele wie COVID und andere Krisen dieser Art stärken das Vertrauen der Menschen in Bargeld. Ich denke also, dass Bargeld noch lange Zeit ein Teil des Zahlungsverkehrs sein wird. Ich wäre sicher nicht so mutig, eine Zukunft ohne Bargeld vorherzusagen.“

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Ein Blick auf die Welt

Ein Blick auf die Webseite der „World Bank“[4] zeigt eine interessante Statistik in Bezug auf die Zahl der ATMs pro 100.000 Erwachsene für fast alle Länder dieser Erde.

Der Erfassungszeitraum erstreckt sich von 2004-2020. Nicht alle Länder zeigen über diesen Zeitraum entsprechende Daten. Zum Beispiel Deutschland zeigt Daten nur bis zum Jahr 2019; die USA sogar nur bis zum Jahr 2009.

In der Grafik lassen sich Länder der eigenen Wahl darstellen und somit miteinander vergleichbar machen. Ich hab dies für Australien, Großbritannien, Frankreich, Schweden und die gesamte Welt durchgeführt. Und so sieht dieses Bild dann aus:

Unschwer lässt sich erkennen, dass Australien im gesamten Erfassungszeitraum deutlich mehr ATMs pro 100.000 Einwohner zur Verfügung stellte als die anderen hier aufgeführten Staaten oder im Weltdurchschnitt. Die Grafik ergibt ebenfalls zu erkennen, dass die Reduktion der ATMs nicht erst seit 2020 in Gang gesetzt wurde, sondern bereits 2016 begann.

In Großbritannien begann der Abwärtstrend ab 2017. In Frankreich ist der Abwärtstrend deutlich sanfter und begann im Jahr 2012.

Schweden dagegen hat auffallend wenig ATMs für seine Bevölkerung. Auch hier ist der Abwärtstrend relativ sanft und begann im Jahr 2011 und verstärkte sich etwas im Jahr 2015.

Weltweit dagegen gibt es eine sanfte, aber kontinuierliche Zunahme der ATMs.

Aus diesen Zahlen lässt sich eine weitere Frage in Bezug auf die Reduktion der ATMs in Australien ableiten: Könnte diese Reduktion der ATMs auch darauf beruhen, dass wirklich zu viele ATMs installiert worden waren?

Denn Schweden, Frankreich und Großbritannien kommen seit Jahren mit deutlich weniger ATMs aus. Versucht man in Australien hier auf das Niveau dieser Länder zukommen? Oder hat man in Australien zu viele ATMs an ungünstigen Orten installiert, zum Beispiel da, wo es keinen hohen Bedarf gab?

Fazit

Australien reduziert Zweigstellen und ATMs und gibt damit gewissen Grund zu der Annahme, dass Australien und die Welt auf dem Weg in eine bargeldlose Zukunft sein könnten. Dennoch gibt es Ereignisse, die diese für einige Leute mögliche Wunschvorstellung in Zweifel ziehen.

Denn die Reduktion der ATMs (nicht die der Zweigstellen) in Australien ist keine Überraschung, wenn man sich die Zahl der ATMs in anderen industriellen Ländern anschaut, die seit langer Zeit mit weniger ATMs auskommen konnten.

Die Zahl der ATMs weltweit steigt seit dem Jahr 2004 langsam aber kontinuierlich, was im Moment noch gegen eine bargeldlose Welt sprechen würde.

Der fast unglaubliche Treppenwitz dieser Entwicklung in Richtung bargeldlose Zukunft ist für Australien die gesteigerte Nachfrage nach Bargeld in Form von Banknoten und Geldmünzen. Dürfen wir uns also über eine bargeldlose Zukunft mit Banknoten und Geldmünzen freuen?

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Dieser Beitrag wurde am 08.05.2022 erstellt.


Quellen:

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