Politik

Früher in der Regierung – jetzt „Berater“ und Lobbyisten

Anfang 2020 wechselte der frühere SPD-Minister und langjährige Vizekanzler Sigmar Gabriel in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank. Am Morgen des 9. April rief er die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel an mit der Bitte, sie möge sich doch in Brüssel dafür starkmachen, eine Aussetzung der EU-Bankenabgabe zu bewirken. Nur ein bezeichnendes Beispiel dafür, dass Politik nicht das Ergebnis der demokratischen Wahl der Bevölkerung ist, sondern schon immer im Hintergrund durch die Auto-, Banken-, Pharma- und Rüstungslobby bestimmt wurde.

Langjährige Spitzenpolitiker verfügen nun einmal über den Vorzug, auf ein sehr großes Kontaktnetzwerk zurückgreifen zu können, das ist zufällig genau die wichtigste Einstellungsvoraussetzung für einen Lobbyisten.

Im Lobbyregister des Bundestages stehen sie alle drin, die gut bekannten Namen der ehemaligen Regierungsmitglieder, denen es durch das Lobbyregistergesetz ausdrücklich erlaubt ist, Kontakt zu den Mitgliedern des Bundestages und der Bundesregierung aufzunehmen.

Altkanzler Gerhard Schröder zum Beispiel spannte für seine Lobbyaktivitäten ganz dreist die Mitarbeiter seines aus Steuermitteln finanzierten Bundestagsbüros ein. Damit so etwas immer schön unter dem Radar der empfindsamen Öffentlichkeit bleibt, wurde bewusst keine Offenlegungspflicht für Kontakte zwischen Politikern und Lobbyakteuren installiert.

Immerhin erlaubt nun die Einführung des Lobbyregisters seit Anfang 2022 einen verstohlenen Blick auf die Auftraggeber der früheren Regierungsmitglieder. Schaut man da etwas genauer hin, ist zu sehen, dass der ehemalige Grünen-Außenminister Joschka Fischer fleißig für die Deutsche Börse AG, DocMorris und die Tank & Rast Gruppe unterwegs ist. Dafür kann er bestimmt wieder seine alten Turnschuhe gebrauchen.

Oder nehmen wir zum Beispiel Ole von Beust (CDU), der als langjähriger Erster Bürgermeister von Hamburg Ruhm und Ehre geerntet hatte. Seine Beratungsfirma steht heute in den Diensten von Amazon Deutschland und Mastercard.

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Umgekehrt wird ein Schuh draus

Die Einträge im Lobbyregister verraten, dass einige Agenturen ehemalige Regierungsmitglieder und Abgeordnete ganz gezielt unter Vertrag nehmen. Diesbezüglich hat sich die Agentur EUTOP Europe GmbH* ganz besonders hervorgetan. Zu ihren Kunden gehören unter anderem Huawei und der Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann (KMW).

*https://www.eutop.com/de

Damit Sie ein Gefühl dafür bekommen, wer sich da so alles permanent in Hinterzimmern mit Regierungsverantwortlichen verabredet, sollen hier noch einige Einträge ehemaliger Regierungsmitglieder und Funktionsträger im Lobbyregister des Deutschen Bundestages präsentiert werden. Es ist nur eine kleine Auswahl – die meisten Namen dürften Ihnen bekannt vorkommen.

Daniel Bahr (FDP, Bundesgesundheitsminister a. D.) ist Vorstand bei der Allianz Private Krankenversicherungs-AG.

Ole von Beust (CDU, Erster Bürgermeister a. D. der Stadt Hamburg) ist Mitbegründer der Agentur Beust & Coll. Beratungsgesellschaft mbH & Co. KG, die unter anderem Mastercard Europe SA, Amazon Deutschland Services GmbH und Enterprise Autovermietung Deutschland B.V. & CO. KG „berät“.

Joschka Fischer (Grüne, Außenminister a. D. und Vizekanzler a. D.) ist der Geschäftsführer von Agentur Joschka Fischer & Company GmbH. Zu ihren Auftraggebern gehören DocMorris, die Deutsche Börse AG und die Autobahn Tank & Rast Gruppe.

Hans-Peter Friedrich (CSU, Bundesinnenminister a. D.) ist der Vorsitzende des Wirtschaftsnetzwerks China-Brücke e. V.

Sigmar Gabriel (SPD, Vizekanzler a. D., Wirtschaftsminister a. D. und Außenminister a. D.) ist der Vorsitzende der Atlantik-Brücke.

Roland Koch (CDU, Hessischer Ministerpräsident a. D.) vertritt mit seiner Anwaltskanzlei die Auftraggeber Vodafone GmbH, Wirtschaftsrat, Dussmann Stiftung & Co. KG, AmCham Germany e.V., Deutsche Kinder- und Jugendstiftung.

Thomas De Maizière (CDU, Bundesinnenminister a. D. und Bundesverteidigungsminister a. D.) ist Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom Stiftung.

Dirk Niebel (FDP, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung a. D.) ist Interessenvertreter des Rüstungskonzerns Rheinmetall AG.

Günther Oettinger (CDU, Ministerpräsident a. D. von Baden-Württemberg und EU-Kommissar a. D.) ist Geschäftsführender Gesellschafter der Oettinger Consulting Wirtschafts- und Politikberatung GmbH. Zu seinen Auftraggebern gehören die Schwarz Unternehmenskommunikation GmbH & Co. KG, die Domicil Real Estate AG und die Deutsche Börse AG.

Friedhelm Ost (CDU, Staatssekretär a. D. und ehemaliger Regierungssprecher) ist Geschäftsführender Gesellschafter der Agentur PKS Kommunikations- und Strategieberatung GmbH. Hauptauftraggeber ist Türkiye Turizm Tanıtım ve Geliştirme Ajansı.

Rudolf Scharping (SPD, Verteidigungsminister a. D.) ist Vorstand der Rudolf Scharping Strategie Beratung Kommunikation AG (RSBK AG). Zu deren Klienten gehören (Zitat) „inländische Unternehmen, die im Ausland, Schwerpunkt China, expandieren wollen oder Beratung zum regulatorischen Umfeld benötigen sowie chinesische Unternehmen oder Städte, die sich in Deutschland wirtschaftlich betätigen oder dies beabsichtigen“.

Rezzo Schlauch (Grüne, ehemaliger Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium) ist Interessenvertreter der Beratungsagentur Polimedia. Zu seinen Auftraggebern gehört die ILF Beratende Ingenieure GmbH.

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