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Verflechtungen und Vorwürfe: FDP-Abgeordneter im Zwielicht der Spitzenjob-Vergabe

Eine Parteifreundin des finanzpolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion Markus Herbrand sitzt im Finanzministerium. Wie praktisch, könnte sie ihn doch stets mit Infos über frei werdende Spitzenjobs in jenem hohen Hause versorgen.

Dieser Gedanke war offenbar so bestechend, dass Herbrand im Mai 2023 dem Bundesfinanzministerium (BMF) einen Brief schrieb. Inhaltlich ging es darin um die überbordende Bürokratie, die Besetzung von Spitzenjobs in Bundesbehörden und auch um die FDP.

Adressat dieses Briefes war die Parlamentarische Staatssekretärin Katja Hessel (FDP). Darin bemerkt der Verfasser unter anderem, dass das Inkrafttreten des Bürokratieentlastungsgesetzes möglicherweise zu spät für die Landtagswahlen in Bayern und Hessen komme.

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Es ginge ihm um rechtzeitige Informationen darüber, welche Leitungspositionen in den Behörden und sonstigen Organisationen des Bundes noch während der laufenden Legislaturperiode neu zu besetzen sind.

Ist schon in Ordnung, so etwas kann man machen, wäre da nicht die direkte Verknüpfung mit seinem parteipolitischen Anliegen, denn er schrieb weiter, dass er Kenntnis davon habe, dass demnächst im Bundeszentralamt für Steuern ein Leitungswechsel anstehe.

Es böte sich doch die Möglichkeit an, die Ideale und Vorstellungen der FDP in dieser Bundesbehörde fester zu verankern, um beispielsweise den so dringend notwendigen Bürokratie-Abbau mit Überzeugung und Durchsetzungskraft voranzutreiben.

Damit aber noch nicht genug, denn Herbrand verweist in seinem Schreiben weiter darauf, dass ähnliche Möglichkeiten wohl auch an anderen Stellen bestünden, und daher wäre er für eine Übersicht über die mutmaßlichen oder anstehenden Personalneubesetzungen sehr dankbar.

Es gehört durchaus zum Job eines Abgeordneten, Kontakte zu Ministerien zu pflegen. Ungewöhnlich und auch nicht sachgerecht ist es aber, wenn ein Abgeordneter einem Ministerium, das der Allgemeinheit verpflichtet ist, offiziell die Interessen seiner Partei erörtert. Daher erklärte das BMF gegenüber dem NDR, dass den „geäußerten Bitten des Abgeordneten ausdrücklich nicht gefolgt“ wurde.

Herbrand blieb in der Sache allerdings uneinsichtig und unterstellte dem NDR, dass dieser einen „offensichtlichen Skandalisierungsversuch“ fahre. Es ginge ihm (Herbrand) lediglich um einen massiven Bürokratieabbau, der ja der erklärte politische Wille der Koalition sei, und nicht, wie dargestellt, um Anliegen der FDP.

Fakt ist, dass bei der Besetzung hoher Behördenstellen parteipolitische Erwägungen sehr wohl eine Rolle spielen. Dazu reicht ein kurzer Blick nach Mecklenburg-Vorpommern. In einem bislang unveröffentlichten Bericht kritisierte der Landesrechnungshof „eklatante Mängel“ bei der Stellenvergabe in den Ministerien im Zeitraum 2018 bis 2020.

Die Süddeutsche Zeitung hat am 22. September 2023 darüber berichtet, dass bei fast 50 Bewerbergesprächen die „Bestenauslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung“ nicht gewährleistet war:

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Dieser Beitrag wurde am 14.05.2024 erstellt.

Lobbyverband im Vorstand der FDP

Der „Liberale Mittelstand“ genießt ständiges Gastrecht im FDP-Vorstand. Zu seinen Mitgliedern gehören unter anderem die großen Verbände aus der Zucker-, Bau- und Luftverkehrsindustrie. Ganz unverblümt steht auf der Webseite der Bundesvereinigung des Liberalen Mittelstandes e. V. zu lesen, dass dessen Mitglieder „frühzeitig Informationen über wirtschaftspolitische Weichenstellungen durch unsere Mitglieder in den Parlamenten“ bekommen.

Der Bezug auf den Mittelstand trifft allerdings die Realitäten nicht mehr, denn folgende „Kandidaten“ streben gerade eine Mitgliedschaft in diesem Verband an:

  • Hauptverband der Deutschen Bauindustrie
  • Bundesverband der deutschen Süßwarenindustrie
  • Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft

So werden bald Schwergewichte wie Züblin, Strabag, Nestlé und Lufthansa ihren direkten Draht zur FDP bekommen. Dazu gleich ein paar beeindruckende, exemplarische Zahlen über die Lobbyausgaben des Jahres 2021:

  • 2.730 – 2.740 k€ durch Hauptverband der deutschen Bauindustrie: Züblin, Strabag, Eurovia
  • 870 – 880 k€ durch Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e. V.: Nestlé, Haribo, Cargill, Mars, Mondelez, Nordzucker, PepsiCo, Südzucker
  • 530 – 540 k€ durch OVID Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland: Cargill, Glencore, Archer Daniels Midland Company (ADM)
  • 440 – 450 k€ durch Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft: Deutsche Lufthansa, Condor Flugdienst, TUIfly, DHL/European Air, Fraport, Flughafen Berlin Brandenburg
  • 380 – 390 k€ durch Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe: Autohändler und Kfz-Werkstätten sowie die Vertriebsverbände der Autokonzerne
  • 80 – 90 k€ durch Bundesverband Automatenunternehmer e. V.

Olaf in der Beek ist in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Liberalen Mittelstands ständiger Gast im FDP-Vorstand, sowohl im Bundesvorstand als auch in den FDP-Landesvorständen von Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Baden-Württemberg. Es handelt sich allerdings explizit um einen parteiexternen Verband, der in einem Parteivorstand nichts zu suchen hat. Im Übrigen nimmt ja auch der Wirtschaftsrat der CDU eine derartige fragwürdige Doppelrolle als „Quasi-Parteigremium“ ein und entzieht sich dennoch den Transparenzanforderungen durch das Parteiengesetz.

In seinem Rechtsgutachten hat André Horenburg klargestellt, dass Lobbyverbände in Vorständen von Parteien nicht legal sind. Die Parteisatzung der FDP regelt, wer im Bundesvorstand vertreten sein darf, vom Liberalen Mittelstand steht dort nichts drin.

Auf entsprechende Nachfragen reagierte die FDP-Parteipressestelle mit der Auskunft, dass der Liberale Mittelstand eine „satzungsmäßig anerkannte Vorfeldorganisation“ ist, was den Schluss nahelegt, dass die FDP, die immerhin den Justizminister stellt, mit ihrer Satzung nicht nur äußerst lax, sondern sogar fahrlässig umgeht.

Umgekehrt erschienen in der Zeit von 2019 bis 2021 schwergewichtige FDP-Vertreter wie Michael Theurer, Bettina Stark-Watzinger und Volker Wissing als ständige Gäste bei den Vorstandssitzungen des Verbandes. Dessen stellvertretender Vorsitzender ist übrigens Axel Graf Bülow, der von 1984 bis 2018 unabhängiger Deutscher Mineralölhändler und Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Freier Tankstellen war. Von 2015 bis 2021 vertrat Bülow seinen FDP-Landesverband im FDP-Bundesvorstand. Geradezu folgerichtig setzte Christian Lindner dann den Tankrabatt durch.

Der Liberale Mittelstand sollte auf jeden Fall seinen Eintrag im Lobbyregister nachholen und darüber hinaus seine dubiose Finanzierung offenlegen. Ein Verein, der eigentlich ein Parteigremium ist, aber die Transparenzpflichten des Parteiengesetzes umgeht, provoziert nun mal berechtigten Zweifel und Verdacht.

Kritik, die wirkt

Tatsächlich befindet sich der Lobbyverband „Liberaler Mittelstand“ inzwischen nicht mehr im FDP-Parteivorstand. Dieser Rückzug ist mit großer Sicherheit das Ergebnis davon, dass der rechtswidrige Dauergast-Status öffentlich gemacht worden ist. In der Sendung „Markus Lanz“ kam FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai in dieser Sache in deutliche Bedrängnis. Damit steigt nun auch der Druck auf CDU-Parteichef Friedrich Merz, seinen Wirtschaftsrat endlich auf ein legales Gleis zu stellen.

Als Grund dafür, dass Olaf in der Beek Anfang Mai 2022 seinen Rückzug aus dem Vorstand der FDP angeboten hat, läge darin, dass Beek lediglich kommissarischer Vorsitzender sei, kommentierte eine Parteisprecherin. Dass das so nicht ganz der Wahrheit entspricht, wurde in der Talkrunde von Markus Lanz am 26.5.2022 ziemlich klar.

Djir-Sarai versuchte zu erklären, dass der Verband eben kein Lobbyverband, sondern eher mit einer parteiinternen Organisation wie Junge Liberale (JuLis) vergleichbar sei. In Wahrheit ist der Liberale Mittelstand formal als unternehmerischer Berufsverband organisiert, das heißt, es handelt sich ganz eindeutig um einen Interessenverband. Im gleichen Atemzug verkündete Djir-Sarai dann, dass der Liberale Mittelstand inzwischen nicht mehr im FDP-Vorstand vertreten ist, weil die Kritik daran schwer gewogen hat.

Lanz bohrte wie so oft weiter mit dem Hinweis darauf, dass auch der Tankstellenlobbyist Axel Graf von Bülow viele Jahre im Vorstand der FDP war, bis schließlich der Tankrabatt vor allem für die Mineralölkonzerne, die diesen nicht 1:1 an die Verbraucher weiterreichen, erfreuliche Realität wurde. Wer sehen möchte, wie Djir-Sarai in der Sache in die Ecke gedrängt wurde, sollte sich die 44 Minuten Zeit nehmen und die oben genannte Diskussion bei Markus Lanz verfolgen.

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Dieser Beitrag wurde am 26.07.2022