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Christian Lindner gewährt der Finanzlobby Vorteile

Der deutschen Finanzindustrie war das Provisionsverbot für Anlageberater ein Dorn im Auge. Im Herbst 2022 begann deshalb geradezu ein „Kampf“ gegen die EU-Kommission, allem voran galt die Kontaktaufnahme dem Bundesfinanzministerium und Christian Lindner (FDP).

Ende des Jahres 2022 wandte sich der Lobbyverein „Deutscher Unternehmensverband Vermögensberatung“ (DUV) an den Parlamentarischen Staatssekretär des Finanzministeriums Florian Toncar mit der Besorgnis darüber, dass die EU-Kommission gerade ein Provisionsverbot für Anlageprodukte plane. In dieser Angelegenheit würde jetzt dringend die „Unterstützung der Bundesregierung“ benötigt. Ungefähr sechs Monate später legte die EU-Kommission ihre Pläne tatsächlich auf Eis.

Über viele Jahre hinweg hat die Lobby ein enges Netzwerk über die Politik gelegt. Sowohl ehemalige als auch aktive Politiker wurden mit lukrativen Posten betraut und ihre Parteien erhalten regelmäßig großzügig Spenden.

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Die Idee zum Provisionsverbot geht auf die irische EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness zurück, die davon überzeugt war, dies zum Schutz der Kleinanleger umsetzen zu müssen. Die Verbraucherschützer waren entzückt, doch die Finanzvermittler, allen voran der Verband der Sparda-Banken, sahen ihr Geschäftsmodell hochgradig bedroht und wurden mit einem Bettelbrief an Staatssekretär Florian Toncar (FDP) aktiv:

Der Chef der Lobbyorganisation ist übrigens Florian Rentsch (FDP), der ehemalige Wirtschaftsminister von Hessen, der Toncar offensichtlich gut kennt. Einen weiteren Brief bekam das BMF vom „Deutschen Unternehmensverband Vermögensberatung“ (DUV):

Dieser Lobbyverein ist eine enge Liaison mit dem Finanzdienstleister „Deutsche Vermögensberatung AG“ (DVAG) eingegangen und beschäftigt den ehemaligen CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Wenige Wochen danach schaltete sich Finanzminister Christian Lindner persönlich in diese Auseinandersetzung ein und sandte kurz vor dem Jahreswechsel zu 2023 einen überaus besorgten Brief an die Kommissarin McGuinness nach Brüssel:

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) äußerte sich dazu kritisch und bemerkte, dass es Lindner lediglich um die Profite der Verkäufer der Finanzprodukte ginge. Solche Provisionen bergen immer die Gefahr, die Verbraucher zu unüberlegten Vertragsabschlüssen zu drängen, was großen Schaden beispielsweise bei der Altersvorsorge anrichten kann.

In einer Beratung gegen Honorar wie bei Rechtsanwälten sieht der vzbv eine Alternative zu derartigen Provisionen, die am Ende ohnehin die Verbraucher bezahlen.

Zu Jahresbeginn 2023 unterstützte die grüne Bundestagsfraktion die EU-Kommission in dem Vorhaben eines Provisionsverbots und äußerte sich verärgert über Lindners Intervention in Brüssel. Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen Katharina Beck beklagte, dass Christian Lindner in offiziellen Briefen sehr wohl differenzieren sollte, ob er als FDP-Parteivorsitzender oder für die Bundesregierung spricht.

Das Finanzministerium hat lange verhindert, dass der Inhalt von Lindners pikantem Brief an die EU-Kommissarin an die Öffentlichkeit gelangt. Das BMF behauptete sogar, dass das Bekanntwerden des Briefes das wechselseitige Vertrauensverhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Kommission nachhaltig schädigen würde. Wie der Zufall es so will, gelangte Lindners Brief auf wundersame Weise sehr schnell zum Handelsblatt, wo er am 15. Januar 2023 in Teilen zitiert wurde:

Auch das EU-Parlament gewährte der Finanzlobby Unterstützung

Der Europa-Abgeordnete Markus Ferber (CSU) wandte sich per Brief mehrfach an die EU-Kommissarin McGuinness. Seine Absicht war es, sie von der Idee des Provisionsverbots abzubringen. Ferber koordiniert im Brüsseler Wirtschafts- und Währungsausschuss die finanzpolitischen Themen für die EVP-Fraktion. Außerdem sitzt Ferber (zufällig) im Sparda-Zukunftsrat und ist zudem Mitglied im Beirat der „Deutschen Vermögensberatung AG“ (DVAG), was mit bis zu 5000 Euro pro Monat vergütet wird, siehe dazu auch:

Die illustre Gesellschaft, die sich dort antreffen lässt, ist in der Tat vielgestaltig. In der DVAG stoßen Sie unter anderem auf die Ex–Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) und den früheren Bundestagsvizepräsidenten Hermann Otto Solms (FDP). Des Weiteren treffen Sie in diesem erlauchten Kreis auch Frank Bsirske, der aktuell für die Grünen im Bundestag sitzt:

Die Deutsche Vermögensberatung AG spendete im Wahljahr 2021 an die Grünen, CDU, SPD und FDP sechsstellige Beträge, wobei mehrere Spenden sogar per Scheck persönlich überreicht wurden, was absolut legal ist. Dass die DVAG dem Provisionsverbot mehr als skeptisch gegenübersteht, ist gut nachvollziehbar, vertreiben doch mehr als 18.000 Berater Finanz- und Versicherungsprodukte in aller Regel auf Provisionsbasis.

Um in Sachen Provisionsverbot nicht so im Rampenlicht zu stehen, hat die DVAG seine Lobbyarbeit in zwei Vereine ausgelagert:

  • Bundesverband Deutscher Vermögensberater (BDV)
  • Deutscher Unternehmensverband Vermögensberatung (DUV)

Dabei erweist es sich als überaus praktisch, dass Helge Lach als Vorstandsmitglied der DVAG auch in den Vorständen beider Vereine den Ton angibt.

Am 14. März 2023 überreichte Lach in der CDU-Zentrale im Konrad-Adenauer-Haus dem CDU-Chef Friedrich Merz einen Verrechnungsscheck, auf dem 100.000 Euro eingetragen waren. Anlass der großzügigen Spende mag das einen Monat zuvor aufgekeimte Interesse von CDU und CSU an dem Thema Provisionsverbot gewesen sein.

In einer „Kleinen Anfrage“ hatte die Fraktion die Bundesregierung vor einem Provisionsverbot gewarnt und in diesem Zuge nach deren Position zu diesem Thema nachgefragt. Zudem gaben zwei Finanzexperten der Fraktion unter dem Titel „EU-Provisionsverbot würde Kleinanlegern schaden“ eine Pressemitteilung aus.

Das monatelange Dauerfeuer durch die Lobby und ihren langen Arm in die Politik hat EU-Kommissarin McGuinness am Ende mürbe gemacht. Im April 2023 nahm sie schließlich Abstand von einem generellen, möglicherweise „disruptiven“ Provisionsverbot. Daraufhin brüstete sich der DUV damit, „die entscheidenden Impulse bei der Diskussion um die EU-Kleinanlegerstrategie“ gesetzt zu haben.

Ganz und gar vom Tisch ist das Provisionsverbot allerdings noch nicht. Im Mai 2023 präsentierte die EU-Kommission gleich ein ganzes Maßnahmenpaket zum besseren Schutz der Klein­an­leger.

Hierin sollen zumindest bestimmte Formen der Anlagevermittlung von Provisionen ausgeschlossen werden. Dies betrifft zum Beispiel alle Verkäufe, bei denen keine vorherige Beratung stattgefunden hat. Eine weitere Maßnahmenverschärfung wurde für den Fall in Aussicht gestellt, dass sich nach drei Jahren herausstellt, dass die Verbraucher dann noch immer Schaden erleiden.

So ist also auch in Zukunft weiter damit zu rechnen, dass im Bundesfinanzministerium bald wieder Bitt- und Bettelbriefe eintrudeln.

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Dieser Beitrag wurde am 23.09.2023 erstellt.

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