Politik

Lobbyisten erhielten Bundestagsausweise

Weil die SPD mit aller Macht eine umstrittene Ausnahmeregelung durchgesetzt hatte, hat die Parlamentsverwaltung nun zwei Interessenverbänden diese begehrten Zugangsausweise zu Unrecht ausgestellt.

Bis 2015 hat sich ja die Parlamentsverwaltung geweigert, die Namen jener Lobbyakteure, die über uneingeschränkten Zugang zum Bundestag verfügen, offenzulegen. Erst durch einen Gerichtsbeschluss, den Abgeordnetenwatch erzwungen hat, änderte sich diese Geheimniskrämerei. Nun wurde klar, dass mehrere Hundert Verbände und Unternehmen mit ihrem Hausausweis im Parlament ein und aus gehen.

Darunter selbstverständlich auch Vertreter der Banken-, Pharma- und Rüstungslobby.

Aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes muss die Bundestagsverwaltung auf Anfrage eine aktuelle Liste der Lobbyorganisationen herausgeben, die gerade Zugang ins Parlament haben. Zurzeit sind es 44 an der Zahl. Komisch nur, dass da auch welche auf der Liste stehen, die gar keinen Anspruch auf so eine Plastikkarte haben.

Nachdem Abgeordnetenwatch mal wieder ziemlich hartnäckig insistierte, räumte die Bundestagsverwaltung ein, dass sie in zwei Fällen Zugangskarten zu Unrecht ausgestellt hat. Dabei geht es um zwei Verbände aus dem Themenfeld erneuerbare Energien:

  • Bundesverband Windenergie
  • Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung

Deren Jahresausweise wurden inzwischen tatsächlich einkassiert. Schon 2017 hatte die Parlamentsverwaltung Hunderte von Anträgen der Lobbyverbände einfach „durchgewunken“, https://www.abgeordnetenwatch.de/recherchen/lobbyismus/hunderte-lobbyisten-erhielten-unberechtigten-zugang-zum-bundestagobwohl darin wichtige Angaben gefehlt hatten.

Wer weiterhin jederzeit rein darf

Der Zentrale Immobilien Ausschuss vertritt unter anderem die Interessen der Wohnungskonzerne Vonovia und Deutsche Wohnen. Unter dem Dach des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie sind unter anderem die Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall organisiert. Beide Verbände profitieren von der oben genannten Ausnahmeregelung im Lobbyregistergesetz.

Bis Ende des Jahres 2021 galt für den Hausausweis: „Gleiches Recht für alle“. Wer sich als Interessenvertreter beim Bundestag in eine öffentliche Liste der Verbände eingetragen hatte und glaubhaft versichern konnte, dass er regelmäßig Zugang ins Parlament braucht, konnte den begehrten Jahresausweis erhalten. Seit dem 1. Januar 2022 hat sich das geändert.

Die reformierten „Zugangs- und Verhaltensregeln“ schreiben nun vor, dass der Ausweis auch von bestimmten Organisationen beantragt werden darf, die nicht der Registrierungspflicht im Lobbyregister unterstehen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände. Das war ein klares Anliegen der SPD, im Gegenzug bekamen die Unionsparteien eine Ausnahmeregelung für die Kirchen.

Dahinter steckt Artikel 9, Absatz 3 des Grundgesetzes, in dem die Einflussnahme von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen in unserem Land ausdrücklich erlaubt wird, was bedeutet, dass eine vorherige Eintragung im Lobbyregister verfassungsrechtlich keine Voraussetzung sein darf. Damit sind sogleich zwei Vorteile verbunden:

  • Angaben zum Lobbybudget, zu Zuwendungen Dritter und zu den beschäftigten Interessenvertretern müssen nicht gemacht werden.
  • Nicht-registrierungspflichtige Organisationen dürfen direkt einen Zugangsausweis für den Bundestag beantragen.

Von diesem Privileg machen nun einige Organisationen Gebrauch. So finden wir heute auf der Hausausweisliste die Gewerkschaften Nahrung-Genuss-Gaststätten und Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Seitens der Arbeitgeber stehen die Bundesarbeitgeberverbände der Chemie (BAVC) und auch der Personaldienstleister (BAP) auf der Liste.

Sehr merkwürdig ist es aber schon, dass sogar Verbände der Immobilien- und Rüstungslobby so einen Hausausweis für den Bundestag besitzen. Es liegt daran, dass auch diese Verbände von der Bundestagsverwaltung als Arbeitgeberverbände angesehen werden, weil sie ja durchaus einen erheblichen „Einfluss auf die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen“ in unserem Land nehmen.

Dem Ausschussbericht über das Lobbyregistergesetz von März 2021 ist zu entnehmen, dass FDP und Grüne bereits geahnt hatten, dass dieser Passus im Gesetz eines Tages zu gewissen Problemen führen könnte.

Die Ampel-Koalition hat sich nun daran gemacht, ein großes Reformpaket zu erarbeiten, wobei es unter anderem um die „Nachschärfung“ des Lobbyregisters geht. Dies ist durchaus auch im Sinne des Bundesverbandes WindEnergie, der sich nun doch sehr darüber wundert, wer so alles seinen Hausausweis behalten darf.

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