In einem Amazon-Logistikzentrum möchten Sie nicht arbeiten. Doch der US-Konzern geht davon aus, dass er sein Bild mit Werbung im Wert von mehr als acht Millionen Euro leuchtend rosa einfärben kann.
Die schlechten Arbeitsbedingungen bei Amazon sind schon viele Jahre bekannt und haben die Gewerkschaften längst auf den Plan gerufen. Doch auf verbindliche Tarife will sich die Konzernleitung von Amazon nicht festnageln lassen, denn Kapitalismus nach amerikanischem Strickmuster geht anders.
Erst vor Kurzem hat sich eine Recherche von Correctiv (über Correctiv kann man natürlich selbst trefflich streiten) wieder einmal damit beschäftigt, was bei Amazon so los ist. Arbeitsüberwachung rund um die Uhr, unerträglicher Zeitdruck und Pausen, die keine sind, sind dort nach wie vor an der Tagesordnung. Solchen unerhörten Behauptungen und Anschuldigungen muss der Konzern natürlich entgegentreten, am besten mit millionenschweren Imagekampagnen, die das dann hoffentlich alles geradebügeln werden.
Im deutschen Lobbyregister hat Amazon für das Jahr 2021 immerhin Investitionen von 1,2 Millionen Euro angegeben. Weitere Ausgaben für Imagekampagnen werden dort aber nicht erfasst. Hinsichtlich der Arbeitsbedingungen sieht Amazon jedenfalls keinen Handlungsbedarf, dabei wäre es so einfach gewesen, dieses viele schöne Werbegeld einfach den Mitarbeitern zugutekommen zu lassen.
Schauen wir uns die teuren Imagekampagnen von Amazon etwas genauer an
Der Konzern inszeniert sich darin als völlig selbstloses Unternehmen, das sich seiner großen gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist und gerade benachteiligten Menschen eine Chance geben will. So erscheint das alles überragende Motiv „Unsere Teams“ im Februar und März 2021 unter anderem gleich in:
- SZ
- FAZ
- Spiegel
- Zeit
- Manager Magazin
Diese Bruttowerbungskosten für ganzseitige Anzeigen betrugen 2,4 Millionen Euro.
Die Motive für die Kampagne „Logistikzentrum“, die von August bis November 2021 geschaltet wurden, kosteten weitere 3,1 Millionen Euro. Im November und Dezember 2021 musste natürlich noch das wichtige Weihnachtsgeschäft mit überzeugenden Aussagen zum Mindestlohn, zur betrieblichen Altersvorsorge und über die vielen Weiterbildungsmöglichkeiten unterfüttert werden, was nochmals 2,6 Millionen Euro gekostet hat.
Kurze Einordnung dieser Form des Marketings
Die Übergänge zwischen Werbung und Employer Branding sind zuweilen fließend, wenngleich unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden. Die Werbung bemüht sich um eine Markenbindung bei den Konsumenten. Employer Branding will unbedingt potenzielle zukünftige Mitarbeiter erreichen und (indirekte) Lobbyarbeit hat klar die Politik im Visier. Kampagnen, wie oben beschrieben, können zugleich mehrere Ziele und somit ebenfalls unterschiedliche Zielgruppen im Fokus haben, denn ein besserer Ruf spricht auch Konsumenten an, ohne dass deshalb eine konkrete Produktwerbung erfolgen muss.
Die sogenannte erweiterte Lobbyarbeit (deep lobbying) wird häufig nicht als Lobbyarbeit erkannt. Ihr Ziel besteht darin, mithilfe langfristig angelegter Strategien die Stimmung und Einstellungen sowie die Diskurse in der Politik und in der Bevölkerung zu manipulieren. So können politische Entscheidungen (indirekt) via Einflussnahme auf die Öffentlichkeit erzwungen werden bis hin zur Verabschiedung genehmer Gesetze.
Als Beispiel sei an den deutschlandweiten Schulwettbewerb „Lesen macht Spaß!“ im Jahre 2015 erinnert. Gemeinsam mit vielen Bürgermeistern als Schirmherren wurde Amazon in überschwänglich lobenden Artikeln in der Lokalpresse als Gönner für die Kinder angepriesen, bis schließlich die Bildungsministerien die weitere Austragung des Wettbewerbs verbieten mussten.
In der EU stehen zurzeit die Regeln für bezahlte politische Werbung wieder einmal zur Diskussion, was auch bitter nötig ist, um der Transparenz endlich Vorschub zu leisten.
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Beitragsbild: pixabay.com – Preis_King
Dieser Beitrag wurde am 27.12.2022 erstellt.