Politik

Bundestag-Wildwuchs: über 700 Abgeordnete mit über 5.000 Mitarbeitern

In den Leitungsebenen des Bundeswirtschaftsministeriums hat Robert Habeck sogleich 28 neue Posten geschaffen. Der Berliner Regierungsapparat besteht inzwischen aus mehr als 29.000 Beamten und Angestellten. Aber was haben eigentlich die Bürgerinnen und Bürger, die das alles bezahlen müssen, davon? Wird die deutsche Politik dadurch messbar besser?

Normalerweise sollten 598 Abgeordnete im Bundestag sitzen. Schaut man etwas genauer hin, zählt man dort aber 736. All diese Abgeordneten zusammen beschäftigen mehr als 5.000 persönliche Mitarbeiter und die Bundestagsverwaltung legt nochmals fast 3.100 oben drauf. Die Bundesministerien sind heute so aufgebläht wie nie. Man hat hier wirklich den Eindruck, dass die zusätzlichen Mitarbeiter nur noch mehr Arbeit generieren. Außerdem sind die Kosten für externe Dienstleister, die trotz dieser vielen Mitarbeiter beauftragt werden, kaum noch zu beziffern.

Da gehen die Diäten im Rauschen unter

Der Berliner Beamtenwasserkopf beschäftigt sich vor allem mit sich selbst. Wolfgang Seibel ist Professor für Verwaltungswissenschaft an der Uni Konstanz und erklärt das Phänomen so: „Das Problem in allen demokratischen Systemen ist, dass diejenigen, die Reformen anstoßen müssten, oft am meisten vom Wildwuchs profitieren“.

Rund eine ganze Milliarde Euro kostet den Steuerzahlern derzeit ihr überbordendes Parlament jedes Jahr aufs Neue. War das die demokratische Entscheidung der Menschen? Vor 20 Jahren war das noch die Hälfte. Mit „nur“ 82 Millionen Euro stellen die Diäten der Abgeordneten einen noch vergleichsweise kleinen Posten dar.

Die Gehälter der vielen Beschäftigten der Bundestagsverwaltung schlagen mit über 170 Millionen Euro zu Buche (im Vergleich: 100 Millionen Euro im Jahre 2002). Die gut 5.000 Mitarbeiter der Abgeordneten streichen überdies fast 240 Millionen Euro ein. Und natürlich sind auch die Zuwendungen für die Fraktionen gestiegen. Von 62 Millionen Euro in 2002 kletterten diese auf fast 120 Millionen Euro in 2020.

Die aktuelle Ampel-Regierung glänzt mit 37 parlamentarischen Staatssekretären, deren Monatsgehälter einschließlich ihrer anteiligen Diäten bei 21.300 Euro rangieren. Eine solch erstaunliche Anzahl quasi geadelter Abgeordneter gab es noch nie.

Das Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs wurde 1967 gemäß dem britischen Vorbild eingeführt, um so eine bessere Verzahnung zwischen Parlament und Regierung zu bewerkstelligen. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, weiß, dass zwölf unserer Minister zugleich Abgeordnete sind und dass mehr als jedes zehnte MdB ein Regierungsamt innehat. Von einer Unabhängigkeit der Fraktionen oder der Mandatsträger kann also gar keine Rede mehr sein.

Ein solches Riesenparlament ist nicht nur unerhört kostspielig, es wirkt sogar der Qualität demokratischer Prozesse entgegen, denn jeder Beteiligte muss irgendwie „sinnvoll“ beschäftigt werden. So gibt es immer mehr Ausschüsse, die zugleich immer opulenter werden. Ob dieser Aktionismus in jedem Fall sinnreich ist, steht auf einem anderen Blatt. So stieg zum Beispiel die Anzahl der Anfragen, die unsere Regierung schriftlich beantworten musste, innerhalb der letzten 20 Jahre von circa 14.500 auf 43.100.

Der gesamte ausufernde Mitarbeiterstab genießt viele Privilegien. Dazu gehören unter anderem:

  • Nutzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages
  • Freiflüge
  • Bahncard 100
  • Kostenloser Limousinenservice der Fahrbereitschaft in Berlin

Dies alles birgt die Gefahr, dass sich die Regierungsmitglieder zunehmend in einer Fantasiewelt tummeln, die mit der schnöden Realität ihrer Wähler bald gar nichts mehr zu tun hat. Viele Abgeordnete haben zudem ihren Hauptwohnsitz nach Berlin verlegt und vernachlässigen daher sträflich ihre Wahlkreisarbeit, was die Entfremdung zusätzlich befördert.

Darüber hinaus gibt es inzwischen 35 Beauftragte der Regierung. Da ist zum Beispiel jener für Menschenrechtspolitik, der seinen Job offensichtlich nicht mehr schafft, denn es musste außerdem noch einer für Menschenrechtsfragen her. Dem Beauftragten für Queer-Politik, in der es um die Freiheit der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität geht, wurde zudem ein Beauftragter für die Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs zur Seite gestellt.

Selbstverständlich braucht auch die Drogenpolitik einen Beauftragten und die Religions- und Weltanschauungsfreiheit sowieso. Sie alle werden mit ordentlichem Budget und Personal ausgestattet, dabei gibt es genügend dafür zuständige Personen im Parlament und in der Exekutive.

Der Haushaltsentwurf 2022 sieht wieder einen kräftigen Aufschlag für den Bundestag vor. Die Mitglieder des Haushaltsausschusses genehmigten den neuen Ministern der Ampel-Koalition sogleich 318 neue Stellen (viele in der B-Besoldung für „besondere Ämter“). Das Wirtschaftsressort unter Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) war bei der Bedarfsanmeldung besonders eifrig.

Viele unserer Abgeordneten sind Volljuristen und trotz ihrer deutlich gestiegenen Zahl werden immer mehr externe Großkanzleien für die Klärung von Rechtsfragen beauftragt. Die neuen Minister bringen große Teams, also Parteigänger mit, die gar nicht in der Materie stecken und daher dringend externe Beratung brauchen. Gemäß einer aktuellen Antwort des Finanzministeriums auf die Anfrage der Linksfraktion waren es 580 Millionen Euro, die das Kanzleramt und die Ministerien in 2021 für Beratungsleistungen ausgaben.

Kein Geringerer als der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, betrachtet diese Tendenzen schon lange mit Sorge, die er so ausdrückte: „Wenn der Bund in seinem hoheitlichen Kernbereich wie dem Verfassen von Gesetzen Verantwortung trägt, muss er sich zunächst immer mit eigener Expertise ausrüsten.

Der Bundesrechnungshof muss viel schlucken

In einem detailreichen Bericht des Jahres 2020 beschäftigten sich die Ausgabenwächter mit den Details des Anbaus für das Kanzleramt. Dieser soll auf der gegenüberliegenden Spreeseite wachsen und wird mindestens 600 Millionen Euro kosten. Es soll ja auch ein repräsentativer Bau der Superlative werden. Auf 25.000 Quadratmetern entstehen gleich mehrgeschossige Wintergärten und ein Hubschrauberlandeplatz, den so die Welt noch nicht gesehen hat. Geradezu irrwitzig sind die Kosten für die darin vorgesehene Kita für gerade mal zwölf bis 15 privilegierte Kinder.

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Dieser Beitrag wurde am 19.04.2022 erstellt.

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