Politik

Undercover im Bundestag: So leicht kommen Lobbyisten an die Macht

Wie leicht es Lobbyisten im Deutschen Bundestag haben, wurde ganz konkret per Experiment ermittelt. Darüber sei hier berichtet.

Die Frau und der Mann, die sich gerade im Eingangsbereich des Bundestages befinden und vorgeben, jetzt einen Termin mit einem Abgeordneten zu haben, sind eben nicht jene, die sie vorgeben zu sein. Die freundliche Dame an der Eingangskontrolle telefoniert erst einmal artig und legt dann den Hörer auf, denn es ist „alles in Ordnung“. Beide Lobbyisten dürfen passieren.

Die Arbeit der Lobbyisten ist quasi geräuschlos, Schlagzeilen produziert sie normalerweise nicht. Nach der Sommerpause 2023 herrscht im Regierungsviertel wie immer Hochbetrieb, denn neben den viel zu vielen Abgeordneten sind auch die Lobbyisten wieder da. Im Lobbyregister des Bundestages sind über 25.000 davon eingetragen.

Für Unternehmen, Verbände und Vereine bemühen sie sich, deren Interessen durchzusetzen, denn Lobbyismus ist ein willkommener wichtiger Bestandteil der Demokratie.

Wie leicht es ist, als Lobbyist in höchste Regierungskreise vorzudringen, zeigt nun ein einzigartiges Experiment auf, ein Projekt, an dem sechs Journalisten aktiv mitwirkten. Zu diesem Zweck musste aber erst einmal eine Lobbyagentur gegründet werden.

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Die neue Agentur „Ianua Strategy“ befindet sich in der „Rue de l’Eau“ im Zentrum von Luxemburg, wenngleich an dieser Adresse kein entsprechendes Klingelschild zu finden ist, denn Ianua Strategy ist lediglich eine Briefkastenfirma ohne Briefkasten. Das lateinische Wort „ianua“ bedeutet übrigens „Tür“ oder „Zugang“.

In einem Handelsregister ist die Agentur nicht eingetragen, aber immerhin gibt es davon haufenweise Visitenkarten, Mailsignaturen auf einer neuen Website und Hinweise im Karrierenetzwerk „LinkedIn“.

Auf der Website dieses „globalen Netzwerks“ prangen selbstverständlich großspurige, inhaltsleerer PR-Slogans wie „Wir bauen Brücken zu Entscheidungsträgern in ganz Europa“ und „Gemeinsam streben wir nach Ihrem Erfolg“ und „Regierungsbeziehungen, die ihr Unternehmen voranbringen“.

Die beiden Protagonisten der neuen Agentur vertreten fiktiv die Interessen eines britischen Herstellers von E-Zigaretten, der sich von der Bundesregierung ein Förderprogramm erhofft, dahingehend, dass E-Zigaretten vom Staat verschenkt werden, damit Raucher endlich und nachhaltig von dem so schädlichen Tabak loskommen.

Falls Sie jetzt denken, das ist doch abstrus, weit gefehlt, denn ein solches Förderprogramm existiert tatsächlich. Laut den Erhebungen der britischen Gesundheitsbehörde „Public Health England“ sollen die gesundheitlichen Risiken bei vollständigem Umstieg auf E-Zigaretten um immerhin 95 Prozent sinken.

In derselben Studie ist sogar zu lesen, dass das Risiko, aufgrund des Tabakrauchens an Krebs zu erkranken, bei E-Zigarette um sage und schreibe 99,5 Prozent reduziert wird:

In 2023 hat die britische Regierung daher beschlossen, in England eine Million Raucher mit einem kostenfreien Vape-Starterset plus einer persönlichen Beratung auszustatten. Für diese „Swap-To-Stop“-Kampagne ist die englische Regierung bereit, bis zu 45 Millionen Pfund auszugeben, und dies vor dem Hintergrund, dass inzwischen erwiesen ist, dass E-Zigaretten Herzkrankheiten verursachen:

Marco Bülow war selbst 19 Jahre lang Abgeordneter, zuerst für die SPD, danach fraktionslos. Schon vor vielen Jahren hatte er vor den Gefahren des unregulierten Lobbyismus gewarnt, was ihm damals sogar aus den eigenen Reihen unter anderem die Bezeichnung „Nestbeschmutzer“ einbrachte, bis er 2018 nach immerhin 26 Jahren aus der SPD austrat.

Aus seiner politisch aktiven Zeit weiß Bülow zu berichten, dass Abgeordnete eher dazu neigen, die Gesprächswünsche von Lobbyisten abzulehnen, wenn sie selbst nichts davon haben.

Deshalb verbreiten die beiden fiktiven Lobbyisten die Aussicht darauf, dass der britische Hersteller der E-Zigaretten eine Fabrik in Deutschland errichten will. Eine solche Firmenansiedlung im jeweiligen Wahlkreis bedeutet stets viele begehrte Arbeitsplätze.

Wer gern die ganze Geschichte vollumfänglich verfolgen möchte, dem sei dieser Link auf „Abgeordnetenwatch“ sehr empfohlen:

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Dieser Beitrag wurde am 20.08.2024 erstellt.

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